Probezeit im Arbeitsrecht
Alles was Sie über die Probezeit zu Beginn eines Arbeitsverhältnis wissen müssen
Fast jedes Arbeitsverhältnis beginnt zunächst mit einer Probezeit. Obwohl in den meisten Arbeitsverträgen eine Probezeit vereinbart wird, werden die Folgen einer solchen Vereinbarung sowohl von Arbeitnehmern als auch von Arbeitgebern falsch eingeschätzt. Selbst erfahrene Unternehmer differenzieren oftmals nicht zwischen der Probezeit und der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG), was schnell zu Irritationen führen kann. Deshalb sollten sich die Beteiligten schon vor der Vereinbarung einer Probezeit über deren Voraussetzungen und Folgen im Klaren sein.
Sinn der Probezeit
Unter der Probezeit versteht man den an den Anfang eines unbefristeten oder auch befristeten Arbeitsverhältnisses gestellte Zeitraum, der zum Zwecke der Erprobung dient. Diese Zeitspanne soll Arbeitgeber und Arbeitnehmer dazu dienen, einander kennenzulernen. Während dieser Phase kann somit geprüft werden, ob eine gemeinsame Zukunft besteht oder ob sich die beiderseitigen Erwartungen nicht erfüllen. Trotz ihrer Häufigkeit besteht die Probezeit nicht kraft Gesetzes; wird die Probezeit nicht ausdrücklich vereinbart, wurde der Arbeitsvertrag ohne eine entsprechende Bestimmung geschlossen. Einzige Ausnahme stellen die Berufsausbildungsverhältnisse dar. Für ein Berufsausbildungsverhältnis schreibt § 20 Berufsbildungsgesetz (BBiG) zwingend eine Probezeit vor, deren Dauer mindestens einen Monat betragen muss und höchstens vier Monate betragen darf. Grundsätzlich muss der Arbeitnehmer im Hinblick auf die Vereinbarung einer Probezeit beachten, dass sich Regelungen zu der Probezeit häufig auch in Tarifverträgen finden lassen.
Die verschiedenen Arten der Probezeit
Probezeit ist nicht gleich Probezeit. Die einzelnen Probezeitklauseln können vielmehr vollkommen unterschiedliche Bedeutungen haben. Im Normalfall geht man bei einer Probezeitklausel davon aus, dass dem Arbeitsverhältnis eine Probezeit vorgeschaltet wird. Läuft diese schließlich nach einer zuvor vereinbarten Dauer ab, besteht das Arbeitsverhältnis automatisch als unbefristetes Dauerarbeitsverhältnis fort. In solch einem Fall ist weder eine Änderung noch eine ausdrückliche Weiterführung des Vertrages nötig, um das Arbeitsverhältnis fortbestehen zu lassen. Soll die Beschäftigung hingegen nicht über die Probezeit hinaus fortgesetzt werden, ist eine Kündigung erforderlich. Nach einer anderen, weitaus selteneren Art der Probezeit endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf einer bestimmten Zeit, wobei als Grund für die Befristung die Erprobung des Arbeitnehmers angegeben wird. Solch ein für den Arbeitnehmer äußerst ungünstiges befristetes Probearbeitsverhältnis ist nach der Rechtsprechung nur zulässig, wenn dessen Dauer in einem angemessenen Verhältnis zum Erprobungszweck steht. Nach Ablauf der vereinbarten Frist endet das Arbeitsverhältnis automatisch und der Arbeitgeber muss nicht extra kündigen. Bei einem befristeten Probearbeitsverhältnis greifen weder der allgemeine noch ein besonderer Kündigungsschutz.
Das Missverständnis bei der Dauer
Oftmals wird behauptet, dass die Probezeit eine Dauer von sechs Monaten nicht überschreiten dürfe. Diese Behauptung ist in dieser Art und Weise allerdings falsch. Die viel zitierte gesetzliche Höchstgrenze von sechs Monaten, die in § 622 III BGB normiert ist, betrifft lediglich die Frage nach den Kündigungsfristen. Die in § 622 III BGB genannte Sechsmonatsgrenze beschränkt mithin nur die Geltung verkürzter Kündigungsfristen, nicht jedoch die Zeitspanne der Probezeit selbst. Da anderweitige gesetzliche Regelungen bezüglich der Dauer nicht existieren, kann die Länge der Probezeit grundsätzlich frei vereinbart werden. In der Praxis hat sich dennoch eine Probezeit von sechs Monaten etabliert, weil dieser Zeitraum der Wartezeit entspricht, bevor sich jeder Arbeitnehmer auf das Kündigungsschutzgesetz berufen kann. Zudem wird die Dauer der Probezeit nach den individuellen Anforderungen des Arbeitsplatzes beschränkt. So ist die Probezeit bei eher einfachen Tätigkeiten von der Rechtsprechung auf drei bis vier Monate begrenzt. Bei schwierigeren Tätigkeiten kann auch eine neunmonatige Probezeit angemessen sein. Eine längere Erprobung als neun Monate ist hingegen nur in Ausnahmefällen denkbar.
Die Vorgaben hinsichtlich einer Kündigung
Während der Probezeit können sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer von den verkürzten Kündigungsfristen des § 622 III BGB Gebrauch machen. Die verkürzten Kündigungsfristen gelten allerdings höchstens für sechs Monate, danach greifen die normalen Kündigungsfristen. Eine ordentliche Kündigung unter Einhaltung der verkürzten Kündigungsfrist ist während der Probezeit jederzeit möglich, auch noch am letzten Tag. Bei einer Kündigung am letzten Tag der Probezeit endet das Arbeitsverhältnis dann zwei Wochen nach Ablauf der Probezeit. Die zweiwöchige Kündigungsfrist während der Probezeit kann darüber hinaus verlängert oder verkürzt werden. Während eine Verlängerung auch einzelvertraglich möglich ist, darf eine Verkürzung gemäß § 622 IV nur durch einen Tarifvertrag vorgenommen werden. Dies bedeutet, dass eine individuell ausgehandelte kürzere Kündigungsfrist, die in den Arbeitsvertrag aufgenommen wurde, unwirksam ist. Einen besonderen Kündigungsgrund muss der Arbeitgeber nicht angeben, da das KSchG in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses nicht anwendbar ist.
Urlaub in der Probezeit
Laut Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) steht dem Arbeitnehmer zu Beginn der Beschäftigung noch nicht der gesamte Jahresurlaub zu. Den vollen Urlaubsanspruch erwerben Arbeitnehmer gemäß § 4 BUrlG erst nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses. In aller Regel ist nach diesem Zeitraum die Probezeit bereits abgelaufen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass überhaupt kein Anspruch auf Erholungsurlaub während der Probezeit besteht. Vielmehr erwerben auch neue Mitarbeiter für jeden Monat, in dem das Arbeitsverhältnis gilt, rechnerisch ein Zwölftel ihres Jahresurlaubs. Es ist lediglich nicht möglich, den vollen Urlaub in der Probezeit zu nehmen. Das hartnäckige Gerücht, dass während der Probezeit eine Urlaubssperre bestehe, stimmt also nicht. Bei einem gesetzlichen Urlaubsanspruch von 20 Werktagen bei einer Fünf-Tage-Woche hat der Arbeitnehmer demnach pro abgelaufenen Monat einen Anspruch auf 1,6 Tage Urlaub, die kurzerhand zu zwei Tagen aufgerundet werden. Wird in der Probezeit kein Urlaub genommen, kann er zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden. Bei einer Kündigung während der Probezeit durch den Arbeitgeber muss dieser dem Angestellten den ihm noch zustehenden Resturlaub gewähren. Ist dies zeitlich nicht mehr möglich, findet ein Ausgleich mit Geld statt.
Generell ist es schwierig, eine Kündigung während der Probezeit zu verhindern. Dennoch gibt es einige Tricks und Kniffe, um die Kündigung so weit wie möglich nach hinten zu schieben. Dies kann zur Folge haben, dass die endgültige Kündigung erst nach dem Ablauf der Probezeit ausgesprochen wird. Ab diesem Zeitpunkt gelten dann längere Kündigungsfristen und vielleicht sogar das KSchG. Unsere erfahrenen und kompetenten Fachanwälte für Arbeitsrecht beraten Sie gerne und helfen Ihnen dabei, erfolgreich gegen Ihre Kündigung in der Probezeit vorzugehen.