Kündigung wegen beabsichtigter Betriebsstilllegung

LAG Berlin-Brandenburg, Az.: 18 Sa 1449/18, Urteil vom 09.05.2019

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 03.07.2018 – 38 Ca 16149/17 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine betriebsbedingte Kündigung vom 28.11.2017, die von dem Beklagten zu 1. als Insolvenzverwalter über das Vermögen der A. B. PLC Co. L. KG (Schuldnerin) ausgesprochen worden ist. Er nimmt den Beklagten ferner auf Auskunft über Umstände und Inhalt von Veräußerungen an Luftverkehrsunternehmen im Zusammenhang mit einem angenommenen Betriebs- oder Betriebsteilübergang in Anspruch.

Kündigung wegen beabsichtigter Betriebsstilllegung
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Das Arbeitsgericht hat die Klage durch ein am 03.07.2018 verkündetes Urteil abgewiesen. Die Kündigung sei wegen einer geplanten Betriebsschließung erfolgt und deshalb sozial gerechtfertigt. Die Entscheidung zur endgültigen Betriebsstilllegung sei am 12.10.2017 getroffen und den Personalvertretungen mitgeteilt worden. Ferner sei am 24.11.2017 eine Massenentlassungsanzeige erstattet, der Flugbetrieb eingestellt, sämtliche Arbeitsverhältnisse gekündigt bzw. die für eine Kündigung erforderlichen Anträge bei den Behörden gestellt und alle geleasten Flugzeuge an die Leasinggeber zurückgegeben worden; auch verfüge die Beklagte über keine Start- und Landerechte (Slots), das für den Flugbetrieb erforderliche Luftverkehrsbetreiberzeugnis sei am 31.01.2018 erloschen. Der endgültigen Stilllegungsabsicht stehe nicht entgegen, dass zum Zeitpunkt der Kündigung noch Verhandlungen zur Veräußerung einzelner Betriebsmittel mit potentiellen Investoren geführt worden seien. Eine Betriebs- oder Teilbetriebsveräußerung habe nicht stattgefunden. Einer Übertragung des gesamten Betriebs stehe bereits entgegen, dass die für die Erteilung des Luftverkehrsbetreiberzeugnisses erforderlichen Personen (Betriebsleiter, Leiter Qualitätssystem, Fachbereichsleiter Flugbetrieb, Instandhaltungssystem, Schulung der Besatzung und Bodenbetrieb) nicht von anderen Flugunternehmen übernommen worden seien. Bei der Schuldnerin hätten auch keine abgrenzbaren Betriebsteile bestanden, die Gegenstand eines Teilbetriebsübergangs hätten sein können. Hierzu hätten zumindest Flugzeuge, Piloten und Slots organisatorisch verbunden sein müssen, wofür nichts ersichtlich sei. So seien die Bereiche Kurz-, Mittel- und Langstrecke organisatorisch nicht voneinander getrennt gewesen; auch sei nicht erkennbar, dass ein anderes Flugunternehmen die Mehrheit der Kurz-, Mittel- und Langstrecken-Slots und/oder Flugzeuge übernommen habe. Der Bereich „Wet-Lease“ sei nicht als übertragbare Einheit anzusehen. Es habe keine abgrenzbare Gruppe von Flugzeugen gegeben, die ausschließlich im „Wet-Lease“ eingesetzt worden seien; auch ein eigenständiger Organisationsbereich „Wet-Lease“, dem eine bestimmte abgrenzbare Mitarbeitergruppe zugeordnet gewesen sei, habe nicht vorgelegen. Auch wenn zuletzt von einigen Stationen ausschließlich „Wet-Lease“-Einsätze erfolgt seien, seien von anderen Stationen zusätzlich eigenwirtschaftliche Flüge durchgeführt worden, wobei das Cockpitpersonal für beide Bereiche eingesetzt worden sei. Das einzelne Flugzeug oder die Slots stellten keine eigenständigen Betriebsteile dar. Auch die einzelnen Stationen seien nicht als übertragbare wirtschaftliche Einheit i.S.d. § 613a BGB anzusehen; denn mit den Stationen sei kein vom Flugbetrieb unabhängiger oder diesem untergeordneter Teilzweck verfolgt wurde. Die Schuldnerin habe ihren Flugbetrieb vielmehr zentral geleitet und die Personalplanung und Personalverwaltung nicht getrennt nach Stationen, sondern einheitlich von der Unternehmenszentrale aus durchgeführt. Auch habe es an den Stationen keine Organisationseinheiten gegeben, die die Planung und Durchführung des Flugverkehrs von und zu einer Station ermöglicht hätten. Es habe dort an verantwortlichem Personal gefehlt, auch sei das Flugpersonal nicht nur mit an der Heimatstation stationierten Flugzeugen geflogen. Dass andere Flugunternehmen nunmehr die vorherigen Strecken der Schuldnerin bedienten und hierzu Slots und Personal der Schuldnerin verwendeten, stelle lediglich eine Funktionsnachfolge, nicht aber einen Betriebs(teil)übergang dar. Eine Sozialauswahl sei vor der Kündigung nicht durchzuführen gewesen, weil sämtliche Arbeitsverhältnisse mit Flugzeugführern gekündigt worden sei. Die Schuldnerin habe die Personalvertretung Cockpit vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß angehört. Sie habe ferner das Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG fehlerfrei durchgeführt. Die Massenentlassungsanzeige habe sich nur auf die Beschäftigten im Bereich Cockpit bezogen und habe die notwendigen Angaben enthalten habe; dass die Zahl der gemeldeten Personen unter der Zahl der gekündigten Piloten zurückgeblieben sei, führe nicht zu einer fehlerhaften Anzeige. Dem Kläger stehe ein Auskunftsanspruch weder nach § 613a Abs. 5 BGB noch nach dem Grundsatz von Treu und Glauben zu. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen dieses ihm am 19.07.2018 zugestellte Urteil richtet sich die am 16.08.2018 eingelegte Berufung des Klägers, die er innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet hat.

Der Kläger hält die Kündigung unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin für rechtsunwirksam; auch verfolgt er seinen Auskunftsanspruch weiter. Der Beklagte habe das Arbeitsverhältnis nicht wegen einer beabsichtigten Betriebsschließung gekündigt. So seien nicht alle Arbeitsverhältnisse im November 2017 gekündigt worden; vielmehr hätten die Kabinenmitarbeiter die Kündigung erst im Januar 2018 erhalten. Im Zeitpunkt des vermeintlichen Stilllegungsbeschlusses seien noch Verhandlungen zur Übernahme des Betriebs bzw. von Betriebsteilen geführt worden, was einer beabsichtigten Stilllegung entgegenstehe; die abgeschlossenen Unternehmenskaufverträge zeigten, dass eine Betriebsschließung nicht beabsichtigt gewesen sei. Der Betrieb der Schuldnerin sei vollständig von E. übernommen worden. Dieses Unternehmen habe ca. 3.000 Mitarbeiter der Schuldnerin eingestellt und 77 Flugzeuge übernommen; dies sei im Zeitpunkt der Kündigung beabsichtigt gewesen. Es habe zudem im Betrieb der Schuldnerin abgrenzbare wirtschaftliche Einheiten gegeben, die im Wege des Teilbetriebsübergangs auf Erwerber übertragen worden seien. So seien die Bereiche Lang-, Mittel- und Kurzstrecke als Betriebsteil anzusehen. Die Stationen der Schuldnerin hätten ebenfalls wirtschaftliche Einheiten dargestellt. Dies gelte jedenfalls für die Stationen D. und B., denen Slots zugeordnet gewesen seien und die die Schuldnerin derart mit Personal ausgestattet habe, dass eventuelle Ausfälle von der Station aus hätten kompensiert werden können. In der Station D. habe es einen „Crew Contact“, einen Stationskapitän und einen Stationsleiter Kabine gegeben, für diese Station sei zudem ein „Area-Manager“ zuständig gewesen. Auch der Bereich „Wet-Lease“ habe einen Betriebsteil i.S.d. § 613a BGB dargestellt, der von dem eigenwirtschaftlich durchgeführten Flugbetrieb abgegrenzt werden könne. Die im „Wet-Lease“ eingesetzten Flugzeuge seien nicht im eigenwirtschaftlichen Flugbetrieb der Schuldnerin eingesetzt worden; zudem sei an den ausschließlich im „Wet-Lease“ fliegenden Stationen K., H. und S. Personal eingesetzt worden, das nur im „Wet-Lease“ geflogen sei. Die Slots im „Wet-Lease“ seien den Vertragspartnern der Schuldnerin und nicht dieser zugewiesen gewesen. Auch der zwischen der Schuldnerin und der Personalvertretung Cockpit geschlossene Rahmen-Interessenausgleich vom 14.02.2017 zeige, dass es sich bei dem Bereich „Wet-Lease“ um einen Betriebsteil gehandelt habe. Die Schuldnerin habe zwischen dem im „Wet-Lease“ und im eigenwirtschaftlichen Flugbetrieb eingesetzten Personal unterschieden. Nach dem 27.10.2017 habe die Schuldnerin ausschließlich Flüge im „Wet-Lease“ durchgeführt; dieser Betrieb sei auf die Fluggesellschaft L. übertragen worden. Die einzelnen Flugzeuge bzw. die für den Betrieb eines einzelnen Flugzeugs eingesetzte Organisation (Flug- und Umlaufplanung, Flugstrecke, Crews, Slots, Abfertigung) hätten ebenfalls eine wirtschaftliche Einheit gebildet; gleiches gelte für die der Schuldnerin zugewiesenen Slots. Die Schuldnerin habe ferner die Personalvertretung vor Ausspruch der Kündigung nicht ordnungsgemäß angehört. Sie sei – anders als der Personalvertretung mitgeteilt – nicht von einer Betriebsschließung ausgegangen. Die Unterrichtung sei zudem unvollständig gewesen, weil keine Einzelheiten über Verträge mit Unternehmenskaufvertragspartnern mitgeteilt worden und keine Ausführungen zum Sonderkündigungsschutz und zu der Privatanschrift des Klägers erfolgt seien. Das Arbeitsgericht hätte zudem durch eine Beweisaufnahme klären müssen, ob dem Anhörungsschreiben eine Personalliste beigefügt gewesen sei. Die Schuldnerin habe ferner das Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG fehlerhaft durchgeführt. Das Arbeitsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass der Personalvertretung eine Personalliste vorgelegt worden sei; auch sei die Zahl der zu entlassenden Arbeitnehmer unrichtig angegeben worden. Die Schuldnerin hätte zudem das Verfahren nicht nur mit der Personalvertretung Cockpit, sondern gemeinsam mit der Personalvertretung des Kabinenpersonals durchführen müssen. Die Massenentlassungsanzeige sei zu Unrecht bei der Agentur für Arbeit B. N. erstattet worden; sie hätte bei den für die einzelnen Stationen zuständigen Agenturen erfolgen müssen. Auch sei die Anzahl der zu entlassenden Arbeitnehmer unrichtig mitgeteilt worden. Die Anzeige habe nicht der Schriftform entsprochen. Es sei suggeriert worden, dass die unterzeichnende Prokuristin nur zusammen mit einem weiteren Bevollmächtigten unterschreiben sollte und wollte; der damalige Sachwalter sei aber keine Person gewesen, die von der Schuldnerin bevollmächtigt gewesen sei. Schließlich sei die Kündigung bereits unterzeichnet gewesen, bevor die Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit eingegangen sei; auch dies führe – so meint der Kläger – zur Unwirksamkeit der Kündigung. Der Beklagte sei nach § 613a Abs. 5 BGB und dem Grundsatz von Treu und Glauben zu der begehrten Auskunft verpflichtet.

Der Kläger beantragt, unter Änderung des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 03.07.2018 – 38 Ca 16149/17 –

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 28.11.2017, zugegangen am 29.11.2017, nicht aufgelöst worden ist;

2. den Beklagten zu verurteilen, ihm Auskunft über Umstände und Inhalt der Veräußerung an die E. A. … und an die D. L. bzw. den zum D. L. gehörenden Konzernunternehmen zu erteilen, die ihm die Bewertung über einen Betriebsübergang ermöglichen, insbesondere darüber,

– wie die Insolvenzschuldnerin den Betrieb gegliedert hat,

– welche Betriebsteile es nach Auffassung des Beklagten gab,

– welche Flugzeuge der Insolvenzschuldnerin von wem übernommen wurden,

– welche konkreten Slots die D. L. bzw. zum D. L. gehörenden Konzernunternehmen übernommen haben und auf welchem Übertragungstatbestand des Artikel 8a (1) b) der Verordnung (EWG) Nr. 95/93 des Rates vom 18. Januar 1993 die Übernahme erfolgte,

-wer der/die verantwortliche Betriebsleiter, verantwortliche Person Flugbetrieb, verantwortliche Person Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit und verantwortliche Person Ground Operation war und bei wem diese nunmehr beschäftigt sind,

– welche Flugzeuge, Crews und Slots der Beklagte aufgrund des Vertrages mit der D. L. in die L. einbringen muss bzw. bereits eingebracht hat,

– ob bereits vor Insolvenzeröffnung am 01.11.2017 im Jahre 2017 Flugzeuge und/oder Slots an andere Luftfahrtunternehmen übertragen wurden und wenn ja, wie und an wen,

– wer die Vertragspartner der Insolvenzschuldnerin aufgrund des Bieterverfahrens waren bzw. sind,

– welchen Inhalt der Bietervertrag mit der D. L. bzw. den zum D. L. gehörenden Konzernunternehmen hat,

– welche Verträge aufgrund des Bieterverfahrens mit der D. L. bzw. den zum D. L. gehörenden Konzernunternehmen abgeschlossen wurden,

– was Inhalt der Übernahmeverträge betreffend die Luftverkehrsgesellschaft W. GmbH, die Fluggesellschaft N. … GmbH sowie den Übernahmevertrag über 20 weitere Flugzeuge mit der D. L. bzw. den zum D. L. gehörenden Konzernunternehmen war,

– was Inhalt der Kaufverträge über die Wet-Lease Abkommen über 15 Flugzeuge des Musters A 320 mit der D. L. bzw. den zum D. L. gehörenden Konzernunternehmen war und

– was Inhalt der Verträge über für 5 weitere im Wet-Lease fliegende Flugzeuge des Flugzeugmusters A 320 für die D. L. bzw. den zum D. L. gehörenden Konzernunternehmen war.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung. Das Arbeitsgericht habe zu Recht angenommen, dass die Kündigung wegen einer Betriebsschließung erfolgt und deshalb sozial gerechtfertigt sei. Die Kündigung sei nicht aus formalen Gründen rechtsunwirksam. Die Personalvertretung sei vor Ausspruch der Kündigung vollständig und unter Übergabe einer Personalliste unterrichtet worden; die Kündigung sei erst nach der abschließenden Stellungnahme der Personalvertretung erfolgt. Die – ordnungsgemäß abgefasste – Massenentlassungsanzeige sei bei der örtlich zuständigen Agentur für Arbeit erstattet worden.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze vom 15.10.2018, 20.11., 21.11., 28.11.2018, 15.03. und 07.05.2019 nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage und Auskunftsklage zu Recht abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis ist durch die Kündigung vom 28.11.2017 aufgelöst worden. Die Kündigung ist aufgrund einer beabsichtigten Betriebsstilllegung erfolgt und daher sozial gerechtfertigt, § 1 Abs. 1, 2 KSchG. Ein Betriebsübergang oder Betriebsteilübergang, der einer Betriebsstilllegung entgegenstehen könnte, liegt nicht vor. Die Schuldnerin hat die Anhörung der Personalvertretung vor Ausspruch der Kündigung und das Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG ordnungsgemäß durchgeführt sowie die nach § 17 Abs. 1 KSchG erforderliche Massenentlassungsanzeige ordnungsgemäß erstattet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Auskunftsanspruch nicht zu. Die Berufungskammer folgt dabei der sorgfältigen Begründung der angefochtenen Entscheidung und sieht von einer lediglich wiederholenden Wiedergabe ab (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

Die Angriffe der Berufung rechtfertigen kein anderes Ergebnis und geben lediglich Veranlassung zu den folgenden zusammenfassenden Ausführungen:

1. Die vollständige Schließung des Betriebs durch den Arbeitgeber gehört nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG, die eine Kündigung sozial rechtfertigen können. Dabei darf der Arbeitgeber die Kündigung bereits wegen beabsichtigter Stilllegung aussprechen, wenn die auf Tatsachen gestützte, vernünftige betriebswirtschaftliche Prognose gerechtfertigt ist, dass zum Kündigungstermin mit einiger Sicherheit der Eintritt des die Entlassung erforderlich machenden betrieblichen Grundes vorliegen wird und die geplanten Maßnahmen im Zeitpunkt der Kündigung bereits „greifbare Formen“ angenommen haben (vgl. hierzu nur BAG vom 21.05.2015 – 8 AZR 409/13 – AP Nr. 462 zu § 613a BGB, Rdnr. 52 f.).

Eine Stilllegung des Betriebs liegt nicht vor, wenn der Betrieb oder ein Betriebsteil im Sinne des § 613a BGB veräußert wird; Betriebsstilllegung und Betriebsveräußerung schließen sich systematisch aus (BAG vom 16.02.2012 – 8 AZR 693/10 – AP Nr. 188 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, Rdnr. 39). Wann ein Betriebs- oder Betriebsteilübergang i.S.d. § 613a BGB gegeben ist, bestimmt sich nach der Richtlinie 2001/23/EG und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des EuGH (vgl. BAG vom 25.01.2018 – 8 AZR 309/16 – AP Nr. 474 zu § 613a BGB, Rdnr. 51). Voraussetzung ist hiernach, dass der Übergang eine ihre Identität bewahrende (auf Dauer angelegte) wirtschaftliche Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit betrifft (vgl. EuGH vom 26. November 2015 – C-509/14 – [ADIF/Aira Pascual ua.] AP Nr. 11 zu Richtlinie 2001/23/EG Rdnr. 31; EuGH, Urteil vom 11. Juli 2018 – C-60/17 – NZA 2018, 1053, Rdnr. 29, jeweils m.w.N.). Um eine solche Einheit handelt es sich bei jeder hinreichend strukturierten und selbständigen Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigenem Zweck (EuGH vom 19. Oktober 2017 – C-200/16 – [Securitas] AP Nr. 16 a.a.O.; 6. März 2014 – C-458/12 – [Amatori ua.] NZA 2014, 423, Nr. 31 f., m.w.N.). Darauf, ob es sich dabei um ein „Unternehmen“, einen „Betrieb“ oder einen „Unternehmens-“ oder „Betriebsteil“ – auch iSd. jeweiligen nationalen Rechts – handelt, kommt es nicht an (vgl. EuGH vom 9. September 2015 – C-160/14 – [Ferreira da Silva e Brito ua.], EuZW 2016, 111, Rn. 25). Entscheidend ist nur, dass der Übergang eine wirtschaftliche Einheit im oben genannten Sinn betrifft (BAG vom 25. Januar 2018 – 8 AZR 309/16 – a.a.O., Rdnr. 49). Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit ihre Identität bewahrt, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören namentlich die Art des Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeiten. Diese Umstände sind jedoch nur Teilaspekte der vorzunehmenden Gesamtbewertung und dürfen deshalb nicht isoliert betrachtet werden (vgl. nur BAG vom 21. Mai 2015 – 8 AZR 409/13 – AP Nr. 462 a.a.O., Rdnr. 37).

2. Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die streitbefangene Kündigung auf dem Entschluss der Schuldnerin beruhte, ihren Flugbetrieb stillzulegen und die hierzu erforderlichen Maßnahmen im Zeitpunkt der Kündigung bereits „greifbare Formen“ angenommen hatten. Die Schuldnerin hatte nicht nur einen Stilllegungsbeschluss gefasst, sondern sie hatte auch eine Massenentlassungsanzeige erstattet, die Personalvertretung zur Betriebsstilllegung und zu den auszusprechenden Kündigungen beteiligt, die Arbeitsverhältnisse der im Cockpit tätigen Arbeitnehmer, soweit dies gesetzlich zulässig war, gekündigt, die Verfügungsgewalt über die zuletzt genutzten Flugzeuge aufgegeben und ihren Flugbetrieb – sieht man von der als Restarbeiten anzusehenden Durchführung von „Wet-Lease-Flügen“ für die E. GmbH mit 13 Maschinen bis zum 31.01.2018 ab – eingestellt. Zu keiner Zeit hat die Schuldnerin oder der Beklagte zu erkennen gegeben, sie wollten ihren Flugbetrieb selbst fortführen und von ihrer Stilllegungsabsicht Abstand nehmen. Ob und ggf. mit welchem Inhalt während des Stilllegungsprozesses Verhandlungen mit anderen Flugunternehmen geführt wurden, ist solange ohne Belang, wie durch sie der Stilllegungsbeschluss als solcher nicht in Frage gestellt wurde. Im Übrigen kann auch nicht – worauf noch einzugehen sein wird – angenommen werden, dass sich die geführten Verhandlungen auf einen Betriebs- oder Betriebsteilübergang bezogen. Verhandlungen über die Verwertung der sächlichen und immateriellen Betriebsmittel sprechen jedoch nicht gegen eine beabsichtigte Betriebsstilllegung, sondern sind vielmehr Folge des Stilllegungsbeschlusses. Einer beabsichtigten Betriebsstilllegung steht entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht entgegen, dass die Schuldnerin im Zeitpunkt der Kündigung das Kabinenpersonal noch nicht gekündigt hatte. Dies hatte seine Ursache in den noch nicht abgeschlossenen Verhandlungen mit der Personalvertretung Kabine und nicht in der Absicht den Betrieb – ohne Cockpitpersonal! – fortzuführen.

3. Ein Übergang des gesamten Flugbetriebs der Schuldnerin im Sinne des § 613a BGB ist nicht erfolgt. Dieser Betrieb bestand zum einen aus dem Personal in den Bereichen Cockpit, Kabine und Boden einschließlich der Funktionsträger, das für das Luftverkehrsbetreiberzeugnis vorgehalten werden musste. Er umfasste zum anderen das erforderliche Fluggerät sowie die Immobilien und Betriebsmittel der Schuldnerin auf den einzelnen Flughäfen und ihrer Verwaltung. Wesentlicher Bestandteil des Flugbetriebs der Schuldnerin waren zudem die ihr zugewiesenen Slots, ohne die das Fluggerät nicht eingesetzt und die einzelnen Strecken nicht bedient werden konnten. Dass diese wirtschaftliche Einheit von einem Erwerber übernommen wurde, behauptet auch der Kläger nicht und ist auch sonst nicht ersichtlich. Selbst wenn – einmal angenommen – die E. GmbH ca. 3.000 Mitarbeiter der Schuldnerin eingestellt und 77 Flugzeuge übernommen haben sollte, handelt es sich dabei doch nicht um den Flugbetrieb der Schuldnerin.

4. Ein Betriebsteilübergang liegt ebenfalls nicht vor. Der gesamte Flugbetrieb der Beklagten war zentral organisiert und wurde von B. aus geleitet. Abgrenzbare wirtschaftliche Einheiten mit einer gewissen organisatorischen Eigenständigkeit, die gesondert auf einen Erwerber hätten übertragen werden können, bestanden nicht. Vielmehr waren sämtliche Bereiche des Betriebes organisatorisch miteinander verknüpft und dienten zusammen dem einheitlichen Zweck, Flugverkehr auf den von der Schuldnerin bedienten Strecken durchzuführen. Wenn im Zusammenhang mit der Einstellung des Flugbetriebs der Schuldnerin andere Luftverkehrsunternehmen nunmehr die bislang von der Schuldnerin betreuten Strecken bedienten, deren Slots übernahmen, Mitarbeiter der Schuldnerin einstellten und deren Fluggerät nutzten, so haben diese Unternehmen die Tätigkeit der Schuldnerin fortgeführt und/oder deren Betriebsmittel, nicht jedoch einen Betriebsteil im Sinne des § 613a BGB übernommen. Im Einzelnen:

aa) Der Einsatz der Flugzeuge in den Bereichen Langstrecke, Mittelstrecke und Kurzstrecke stellten keine wirtschaftlichen Einheiten im Sinne des § 613a BGB dar. Die Flüge der unterschiedlichen Bereiche waren organisatorisch nicht voneinander getrennt; auch wurden Piloten teilweise auf den verschiedenen Streckenbereichen eingesetzt, wobei die Planung zentral von B. aus erfolgte. Ob und ggf. in welchem Umfang ein anderes Flugunternehmen nunmehr einen der genannten Streckenbereiche bedient, ist deshalb für die Frage eines Betriebsteilübergangs ohne Bedeutung.

bb) Die einzelnen Stationen der Schuldnerin, unter ihnen die Stationen B. und D., stellten ebenfalls keine selbständig übertragbaren wirtschaftlichen Einheiten i.S.d. § 613a BGB dar. Sie erfüllten schon keinen eigenen Zweck innerhalb des Betriebes der Schuldnerin, sondern von ihnen aus wurde jeweils der Gesamtzweck des einheitlich organisierten Flugbetriebs erfüllt. So waren den Stationen keine bestimmten Flugzeuge zugeordnet; der Einsatz des Fluggeräts wurde vielmehr zentral von B. aus geplant und erfolgte auf unterschiedlichen Strecken mit unterschiedlichen Stationen. Auch der Personaleinsatz wurde nicht von der einzelnen Station aus, sondern zentral unter Beteiligung der einheitlich gebildeten Personalvertretungen durchgeführt. Dem für mehrere Stationen zuständige „Area-Manager“ oblag nicht die Leitung einer Station als eigenständige Organisation, sondern ihm kam lediglich eine zwischen der Zentrale und den Arbeitnehmern angesiedelte Leitungsfunktion zu; er arbeitete der zentralen Leitung des Betriebs zu. Die Stationen verfügten ferner über keine eigenständige Arbeitsorganisation. Die Aufgaben des „Crew Contact“ waren – dies zeigt die von dem Kläger in Bezug genommene Stellenausschreibung (Bl. 311 der Akten) – darauf ausgerichtet, auf Abweichungen von der ursprünglichen, an anderer Stelle vorgenommenen Planung zu reagieren und sich dabei „kontinuierlich mit dem Bereich Crew Planing“ abzustimmen; dem „Crew Contact“ kam damit ebenfalls eine untergeordnete, der zentralen Leitung des Betriebs zuarbeitende Funktion zu. Dass die Beklagte nach der Behauptung des Klägers in D. einen Stationskapitän und einen Stationsleiter mit Personalgesprächen betraute, führt nicht zu einer Eigenständigkeit der Station. Auch ist es ohne Belang, dass das Cockpit- und Kabinenpersonal arbeitsvertraglich bestimmten Stationen zugeordnet war. Diese Zuordnung war lediglich für den Beginn und das Ende der Arbeitszeit von Bedeutung, während die Arbeitsleistung in den verschiedenen Flugzeugen erbracht wurde; auch begann der eigentliche Flugeinsatz nicht selten an anderen als den arbeitsvertraglich festgelegten Stationen, zu denen das Personal dann im Wege des so genannten „proceeding“ geflogen wurde. Selbst wenn dies bei den Stationen D. und B. – wie vom Kläger vorgetragen – wegen der guten Personalausstattung selten der Fall gewesen sein sollte, ändert dies doch nichts daran, dass auch diese Stationen gerade nicht eigenständig organisiert waren, sondern von der zentralen Betriebsleitung in B. abhingen. Die den einzelnen Stationen zugewiesenen Slots machen diese ebenfalls nicht zu einem Betriebsteil im Sinne des § 613a BGB. Slots beziehen sich naturgemäß auf einen bestimmten Flughafen; solange die Flugplanung zentral und damit stationsübergreifend erfolgt, lässt sich aus den Slots nichts für eine Betriebsteileigenschaft der einzelnen Station ableiten.

cc) Der Bereich „Wet-Lease“ stellt entgegen der Auffassung des Klägers ebenfalls keine wirtschaftliche Einheit dar, die Gegenstand eines Betriebsteilübergangs hätte sein können. Die Schuldnerin hat zwar vor der Insolvenzeröffnung „Wet-Lease“-Leistungen für mehrere Fluggesellschaften durchführt. Hierbei handelt es sich jedoch für sich genommen lediglich um eine bestimmte betriebliche Tätigkeit und nicht um einen übertragbaren Betriebsteil. Hierfür wäre es erforderlich gewesen, dass Personal und Betriebsmittel organisatorisch zusammengefasst waren, um ausschließlich Flüge im „Wet-Lease“ durchzuführen. Eine derartige Sachverhaltsgestaltung ist jedoch nicht gegeben. Der Bereich „Wet-Lease“ wurde wie der übrige Flugbetrieb der Schuldnerin auch von Berlin aus organisiert. Zu einer in dem Rahmen-Interessenausgleich vom 14.02.2017 vorgesehenen organisatorischen Aufteilung zwischen dem eigenwirtschaftlichen Flugbetrieb und dem Bereich „Wet-Lease“ ist es nicht gekommen. Es wurde für den Bereich „Wet-Lease“ ein eigenes Luftverkehrsbetreiberzeugnis (AOC) nicht beantragt und das Personal nicht organisatorisch dem „Wet-Lease“ bzw. den eigenwirtschaftlich durchzuführenden Flügen zugeordnet. Ferner war ein ausschließlich für das „Wet-Lease“ zuständiges Führungspersonal nicht vorhanden, eigene Arbeitsorganisationen oder Betriebsmethoden bestanden nicht. Vor allem erfolgten die Führung der Arbeitnehmer und die Dienstplanung zentral und unabhängig von ihrem Einsatz im eigenwirtschaftlichen Flugverkehr oder im „Wet-Lease“. Dass ein Teil der Flugzeuge und des Personals der Schuldnerin ausschließlich im „Wet-Lease“ eingesetzt wurden, führt nicht zu einer organisatorischen Selbständigkeit dieses Bereichs, solange der genannte Einsatz im Rahmen des Gesamtbetriebs organisiert und durchgeführt wird. Der Kläger kann in diesem Zusammenhang auch nicht mit Erfolg geltend machen, der zuletzt erfolgte Einsatz von 13 Flugzeugen im Bereich „Wet-Lease“ bis Januar 2018 müsse als Betriebsteil angesehen werden. Zwar handelte es sich in den letzten Monaten um die einzige betriebliche Tätigkeit der Schuldnerin. Sie war jedoch nicht auf Dauer angelegt, sondern sollte von vornherein nur für kurze Zeit erfolgen. Es handelte sich um Restarbeiten, nicht um einen – erstmals geschaffenen – Betriebsteil der Schuldnerin, die ihren übrigen Flugbetrieb bereits stillgelegt hatte.

dd) Das einzelne Flugzeug und die für seinen Betrieb eingesetzte Organisation stellt ebenfalls keine wirtschaftliche Einheit im Sinne des § 613a BGB dar. Bei einem Flugzeug handelt es sich zunächst lediglich um ein Betriebsmittel, das für sich genommen nicht eingesetzt werden kann. Hierzu bedarf es vielmehr einer Besatzung und der Organisation des Einsatzes auf einer bestimmten Flugstrecke unter Nutzung eines Start- und Landerechts. Eine dauerhafte Verknüpfung dieser Faktoren bezogen auf die einzelnen Flugzeuge ist in dem Betrieb der Schuldnerin nicht erfolgt. Weder gab es Besatzungen mit immer den gleichen Personen, noch wurden die Besatzungen stets oder doch für einen signifikanten Zeitraum auf dem gleichen Flugzeug und einer bestimmten Strecke eingesetzt. Auch wurde mit dem einzelnen Flugzeug kein eigener Teilzweck, sondern der Gesamtzweck des Flugbetriebs der Schuldnerin (mit)verwirklicht. Dass der Flugbetrieb der Schuldnerin ohne Fluggerät nicht durchgeführt werden konnte und deshalb die Flugzeuge für die wirtschaftliche Wertschöpfung notwendig waren, macht aus diesen Betriebsmitteln noch keine selbständig übertragbaren Betriebsteile im Sinne des § 613a Abs. 1 BGB. Welche früher von der Schuldnerin genutzten Flugzeuge nunmehr von welcher anderen Fluggesellschaft eingesetzt werden, ist deshalb für die Frage eines Betriebsteilübergangs ohne Bedeutung.

ee) Schließlich können die der Schuldnerin zugewiesenen Slots nicht als Betriebsteil angesehen werden. Zwar sind Slots für einen Flugbetrieb unabdingbar, weil nur sie zur Nutzung eines Flughafens innerhalb einer bestimmten Zeit berechtigen. Sie können jedoch ohne die übrigen notwendigen Bestandteile eines Flugbetriebs – insbesondere das Fluggerät und das Flugpersonal – nicht in Anspruch genommen werden; es handelt sich lediglich um ein Nutzungsrecht und gerade nicht – wie für eine wirtschaftliche Einheit erforderlich – um eine „organisierte Zusammenfassung von Ressourcen“.

5. Die Schuldnerin hat die Personalvertretung Cockpit vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß angehört. Sie hat den für sie maßgeblichen Kündigungsgrund der Betriebsstilllegung im Einzelnen dargestellt und die Kündigung erst nach der abschließenden Stellungnahme der Personalvertretung ausgesprochen. Soweit der Kläger die erfolgte Information für unzutreffend bzw. unzureichend hält, folgt ihm die Berufungskammer nicht. Es spricht nichts dafür, dass die Schuldnerin von einer Fortführung oder Übertragung des Betriebs bzw. von Betriebsteilen ausging und deshalb die Personalvertretung wissentlich unrichtig von dem Kündigungsgrund unterrichtete. Ferner war es für den mitzuteilenden Kündigungsgrund ohne Belang, ob und ggf. welche Verträge mit anderen Unternehmen über den Kauf von Betriebsmitteln und/oder Rechten abgeschlossen wurden und welchen Inhalt diese Abreden hatten. Eine Unterrichtung über den nach § 113 Abs. 1 InsO nicht eingreifenden tariflichen Sonderkündigungsschutz war nicht erforderlich; auch ist die Privatanschrift des Klägers für die Kündigung bedeutungslos und damit der Personalvertretung auch nicht mitzuteilen. Die Berufungskammer geht schließlich davon aus, dass dem Anhörungsschreiben eine Personalliste beigefügt war. So hat die Personalvertretung in ihrer Stellungnahme vom 27.11.2017 ausdrücklich auf „Ihre Anhörung nebst Anlagen vom 20.11.2017“ Bezug genommen und damit bestätigt, dass die in dem Anhörungsschreiben genannten Anlagen übermittelt worden waren. Der Kläger hat – obwohl ihm dies bei dieser Sachlage oblegen hätte – keine Umstände aufgezeigt, die gleichwohl auf ein Fehlen der Personalliste hindeuten könnten.

6. Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass das Konsultationsverfahren nach § 17 Abs.2 KSchG ordnungsgemäß eingeleitet und durchgeführt worden ist. Das Schreiben der Schuldnerin vom 12.10.2017 enthält die gesetzlich vorgesehenen Informationen. Das Arbeitsgericht durfte dabei davon ausgehen, dass die Personalvertretung über die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden sowie der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer unterrichtet worden war. Die Personalvertretung hat durch den Abschluss des Interessenausgleichs vom 17.11.2017 unter D.I. bestätigt, dass sie eine Personalliste mit allen für die Beurteilung der Betriebsänderung und der Kündigungen notwendigen Informationen erhalten hatte; konkrete Anhaltspunkte für einen gegenteiligen Sachverhalt wurden nicht aufgezeigt und sind auch sonst nicht ersichtlich. Es ist ferner angesichts der genannten Regelung in dem Interessenausgleich vom 17.11.2017 auch davon auszugehen, dass die Betriebsparteien die Betriebsänderung gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG beraten haben. Soweit der Kläger zusätzlich geltend macht, das Konsultationsverfahren hätte nur zusammen mit der Personalvertretung Kabine durchgeführt werden dürfen, trifft dies nicht zu. Das Verfahren bezog sich ausschließlich auf die Entlassung des Cockpitpersonals, für das nur die Personalvertretung Cockpit zuständig war; eine Beteiligung der Personalvertretung Kabine an diesem Verfahren war unter keinen Umständen geboten. Ob bei den Interessenausgleichsverhandlungen über die Betriebsschließung etwas anderes zu gelten hat, weil mit der bereits geregelten Entlassung des Cockpitpersonals möglicherweise nicht mehr ergebnisoffen mit der Personalvertretung Kabine über eine Betriebsschließung verhandelt werden kann, kann dabei dahinstehen.

7. Die streitbefangene Kündigung ist schließlich nicht nach § 17 Abs. 1, 3 KSchG i.V.m. § 134 BGB unwirksam.

a) Die Massenentlassungsanzeige ist an die Agentur zu richten, in deren Bezirk der Betrieb liegt. Der Betrieb der Schuldnerin lag im Bezirk der Agentur für Arbeit B. N.; bei dieser Agentur ist die Anzeige erfolgt. Die einzelnen Stationen der Schuldnerin waren demgegenüber – wie ausgeführt – lediglich Teile des Gesamtbetriebs der Schuldnerin. Sie stellten keine eigenständigen Betriebe dar; ihr Sitz war für die Frage, bei welcher Agentur für Arbeit die Anzeige zu erstatten war, ohne Belang. Im Übrigen zeigt § 24 Abs. 2 KSchG, wonach als Betrieb im Sinne des KSchG der gesamte Flugbetrieb anzusehen ist, dass es für die Massenentlassungsanzeige nicht auf die einzelnen Stationen ankommen kann. Zudem konnte die Schuldnerin, die einen Großbetrieb führte, nach den Festlegungen der Bundesagentur für Arbeit (Weisung 201710011, Anlage Nr. 2.2.3., gültig ab 20.10.2017) die Anzeige ohnehin bei der für ihren Unternehmenssitz zuständigen Agentur für Arbeit erstatten, selbst wenn sie mehrere Betriebe unterhalten hätte.

b) Die Massenentlassungsanzeige enthält die nach § 17 Abs. 3 Satz 4 KSchG erforderlichen Angaben. Sie bezieht sich – was sich aus den Anlagen ergibt – zwar ausschließlich auf das Cockpitpersonal und nicht auf den gesamten Flugbetrieb. Dies führt jedoch nicht zur Unwirksamkeit der Massenentlassunganzeige, weil bei der Agentur für Arbeit keine falschen Vorstellungen über die tatsächliche Zahl der bei der Schuldnerin Beschäftigten entstehen konnten. Der Agentur für Arbeit war aus der Vorabanfrage der Schuldnerin sowie aus den beigefügten Unterlagen bekannt, dass die Schuldnerin nicht nur Piloten, sondern auch Kabinen- und Bodenpersonal beschäftigte und dass der gesamte Flugbetrieb geschlossen werden sollte. Sie konnte anhand der erfolgten Angaben erkennen, dass eine Massenentlassungsanzeige erforderlich war und ggf. die für erforderlich gehaltenen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen treffen. Dass die Anzeige die offensichtlich unzutreffende Angabe enthielt, die Schuldnerin habe 12 Schiffskapitäne beschäftigt, hält die Berufungskammer ebenso wie das Arbeitsgericht für unerheblich. Die Agentur für Arbeit konnte diese Falschangabe unbeachtet lassen und auf der Grundlage der übrigen Angaben sachgerecht beurteilen, ob und ggf. auf welche Weise sie auf die angezeigte Massenentlassung reagieren wollte.

c) Soweit der Kläger geltend macht, die Schuldnerin habe die Massenentlassungsanzeige nicht schriftlich erstattet, trifft dies nicht zu. Die Anzeige vom 24.11.2017 wurde schriftlich abgefasst und von der Prokuristin und damaligen Personalleiterin der Schuldnerin Dr. N. unterzeichnet. Der diesbezügliche Vordruck der Bundesagentur für Arbeit wurde von der Schuldnerin ausgefüllt und trägt ebenfalls die Unterschrift von Frau Dr. N.. Dass der Vordruck vorsorglich auch noch von dem damaligen Sachwalter der Schuldnerin unterzeichnet wurde, ist unerheblich. Die Schuldnerin hat hierdurch nicht zum Ausdruck gebracht, Frau Dr. N. dürfe die Anzeige nicht auch allein erstatten. Ob die Massenentlassungsanzeige nicht auch ohne Einhaltung der Schriftform im Sinne des § 126 BGB erstattet werden kann, (vgl. hierzu Erf-Komm-Kiel, 19. Auflage 2019, § 17 KSchG, Rdnr. 28), bedarf bei dieser Sachlage keiner Erörterung.

d) Sollte das Kündigungsschreiben vom 28.11.2017 bereits unterzeichnet gewesen sein, bevor die Massenentlassungsanzeige am 24.11.2017 bei der Agentur für Arbeit einging, führte auch dies nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine Kündigung rechtsunwirksam, wenn im Zeitpunkt ihres Ausspruchs die nach § 17 Abs. 1 KSchG erforderliche Massenentlassungsanzeige nicht wirksam erstattet worden ist (BAG vom 22.11.2012 – 2 AZR 371/11 – BAGE 144, 47 ff.). Dabei ist als „Ausspruch“ der Kündigung deren Zugang im Sinne des § 130 Abs. 1 BGB zu verstehen. Erst in diesem Zeitpunkt kann die Kündigung rechtliche Wirkungen entfalten und müssen deshalb alle Wirksamkeitsvoraussetzungen gegeben sein. Dass es bei der Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG vor Ausspruch der Kündigung auf den Zeitpunkt der Erklärung und nicht des Zugangs der Kündigung ankommt (BAG vom 08.04.2003 – 2 AZR 515702 – BAGE 106, 14 ff), erklärt sich aus dem Zweck dieses Verfahrens. Der Betriebsrat soll auf den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers Einfluss nehmen und hierzu die gesamte ihm eingeräumte Äußerungsfrist nutzen können; dies wäre nicht möglich, wenn der Arbeitgeber die Kündigung vor Ablauf der Äußerungsfrist erklären könnte, auch wenn deren Zugang erst nach dem Fristablauf bewirkt wird. Eine derartige Zweckrichtung kommt § 17 Abs. 1 KSchG nicht zu. Die Vorschrift soll es der Agentur für Arbeit erleichtern, auf eine Massenentlassung zu reagieren; es geht nicht darum, die Kündigungen selbst zu verhindern. Unter keinen Umständen kann es jedoch auf die bloße Unterzeichnung des Kündigungsschreibens ankommen. Wird das Kündigungsschreiben vor Erstattung der Massenentlassungsanzeige von dem Arbeitgeber unterschrieben, jedoch weder abgesandt noch ein Zugang bewirkt, ist dies ohne jede rechtliche Auswirkung. Es handelt sich um einen bloßen Entwurf eines Kündigungsschreibens, den der Arbeitgeber nach seinem Belieben fertigen und zur Abgabe bereitlegen kann. Im vorliegenden Fall wurde die Massenentlassungsanzeige am 24.11.2017 erstattet und die Kündigung am 28.11.2017 ausgesprochen. Wann das Kündigungsschreiben unterzeichnet worden war, ist dabei ohne rechtlichen Belang.

8. Das Arbeitsgericht hat auch die Auskunftsklage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht ein Auskunftsanspruch nach § 613a Abs. 5 BGB nicht zu, weil – wie ausgeführt – ein Betriebs- oder Betriebsteilübergang im Sinne des § 613a Abs. 1 BGB nicht vorliegt. Ein rechtliches Vorgehen gegen einen Betriebserwerber, zu dem der Beklagte nach Treu und Glauben durch eine Auskunft beizutragen hätte, kommt deshalb nicht in Betracht.

Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision lagen nicht vor. Die aufgeworfenen Rechtsfragen haben keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG. Auch eine Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG kam nicht in Betracht. Die Entscheidung weicht zwar in der Rechtsfrage, ob das Kündigungsschreiben im Zeitpunkt der Erstattung der Massenentlassungsanzeige unterzeichnet worden sein darf, von der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 21.08.2018 – 12 Sa 17/18 (juris) ab. Die Rechtsfrage wurde jedoch bereits von dem Bundesarbeitsgericht durch Urteil vom 22.11.2012 – 2 AZR 371/11 – BAGE 144, 47 ff. entschieden; dieser Entscheidung hat sich die Berufungskammer angeschlossen.