Arbeitszeugnis – Anspruch, Inhalt, Form

Was Sie über Arbeitszeugnisse wissen sollten

Das Arbeitszeugnis stellt einen wichtigen Aspekt innerhalb des Arbeitsrechts dar. Insbesondere in der Rechtsprechung haben inhaltliche Streitigkeiten bezüglich ausgestellter Arbeitszeugnisse eine große Bedeutung. Dies liegt vor allem daran, dass solch ein Zeugnis erhebliche Auswirkungen auf die weitere Karriere des Arbeitnehmers hat. Wer bei einer Bewerbung kein oder ein schlechtes Arbeitszeugnis vorweist, wird beim Personaler keinen guten Eindruck machen.

Einfaches und qualifiziertes Arbeitszeugnis

Arbeitszeugnis
Das Arbeitszeugnis ist oft ein Buch mit 7 Siegeln. Erfahren Sie hier was die Formulierungen bedeuten und was Ihnen als Arbeitnehmer zusteht. – Foto: AndreyPopov / Bigstock

Bei einem Arbeitszeugnis handelt es sich um eine schriftliche Bestätigung des Arbeitsgebers über die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses. Darüber hinaus enthält es Informationen über die ausgeübten Tätigkeiten des Mitarbeiters. Der Arbeitnehmer kann mit Hilfe eines Arbeitszeugnisses also nachweisen, dass ein Arbeitsverhältnis vorgelegen hat. Wenn neben diesen gesetzlichen Mindestanforderungen wie Personalien und Art und Dauer des Dienstverhältnisses keine weiteren Angaben gemacht werden, spricht man von einem einfachen Zeugnis. Neben diesen reinen Fakten enthält ein qualifiziertes Zeugnis auch Bewertungen des Arbeitgebers hinsichtlich der Führung, Leistung und dem Verhalten des Arbeitnehmers. Sowohl das einfache als auch das qualifizierte Arbeitszeugnis können entweder als Endzeugnis oder als Zwischenzeugnis erstellt werden. In der Praxis stellen Arbeitgeber fast immer ein qualifiziertes Zeugnis aus. Erhält der Arbeitnehmer jedoch nur ein einfaches Arbeitszeugnis liegt es an ihm, den Arbeitgeber darauf anzusprechen.

Rechtlicher Anspruch

Jeder Beschäftigte hat grundsätzlich ein Recht darauf, dass ihm ein Zeugnis ausgestellt wird. Der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis ergibt sich aus § 630 BGB und aus § 109 der Gewerbeordnung (GewO). Nach § 630 BGB muss das Arbeitsverhältnis lediglich von einer gewissen Dauerhaftigkeit sein, damit eine umfassende Beurteilung möglich ist. § 109 GewO entspricht weitgehend der Vorschrift des § 630 BGB. Sie ist allerdings präziser formuliert und enthält die Unterteilung zwischen einfachem und qualifiziertem Arbeitszeugnis, die in der Praxis schon vor der Einführung des §109 GewO vorgenommen wurde. Anspruchsberechtigt sind auch leitende Angestellte, Beschäftigte mit befristeten Arbeitsverträgen, Teilzeitkräfte, Aushilfen und Praktikanten. Auszubildenden steht die Zeugniserteilung gemäß § 16 I Berufsbildungsgesetz zu.

Zeitpunkt der Zeugnisausstellung

Generell besteht das Recht auf Erteilung eines Endzeugnisses erst bei Beendigung des Arbeits- bzw. Ausbildungsvertrages. Allerdings kann der Arbeitnehmer schon beim Zugang der Kündigung ein vorläufiges Arbeitszeugnis verlangen. Diese Möglichkeit besteht auch bei einer Eigenkündigung. Solch ein vorläufiges Endzeugnis ersetzt jedoch nicht das abschließende Arbeitszeugnis. Dieses muss zwingend nach dem Ablauf der Kündigungsfrist erstellt werden. Unter gewissen Umständen kann der Arbeitnehmer auch einen Anspruch auf die Erteilung eines Zwischenzeugnisses haben. Hierzu muss für die Zeugnisausstellung ein triftiger Grund vorliegen. Ein triftiger Grund liegt beispielsweise vor, wenn

  • der Vorgesetzte wechselt
  • eine Versetzung innerhalb des Betriebes vorgenommen wird
  • eine Bewerbung auf eine innerbetrieblich ausgeschriebene Stelle stattfindet
  • eine Fortbildung bevorsteht
  • eine Beförderung in Aussicht steht
  • der Betroffene Erziehungsurlaub oder Elternzeit nimmt

Diese Gründe wurden von der Rechtsprechung anerkannt. Eine gesetzliche Grundlage besteht allerdings nicht.

Verbotene Informationen und Formulierungen bei Arbeitszeugnissen

Arbeitszeugnisse - Bewertungen
Arbeitszeugnisse haben eine besonders wichtige Bedeutung wenn es um den nächsten Traumjob geht. Sie können das entscheidende Argument für oder gegen die Einstellung liefern. Welche Formulierungen gehören in jedes Arbeitszeugnis – und was bedeuten sie wirklich? Foto: Gajus / Bigstock

Das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) verbietet es Arbeitgebern, bestimmte Informationen im Rahmen eines Arbeitszeugnisses preiszugeben. Das Zeugnis darf in etwa keine Anhaltspunkte auf die Zugehörigkeit zu einer Ethnie oder eine bestimmte Religion enthalten. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist es ebenfalls nicht gestattet, die Zugehörigkeit zum Betriebsrat zu erwähnen. Etwas Anderes gilt nur dann, wenn der Betroffene ausschließlich für den Betriebsrat tätig war und dessen Leistung im eigentlichen Verantwortungsbereich nicht mehr zu beurteilen ist.

Rechtsgrundsätze

Zusätzlich hat der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf Wohlwollen und auf Wahrheit. Wohlwollenspflicht bedeutet, dass der Arbeitgeber keine Informationen in das Zeugnis schreiben darf, die sich negativ auf den Lebenslauf des Arbeitnehmers auswirken. Dem Verfasser des Arbeitszeugnisses ist es demnach verboten, dem Mitarbeiter Steine in den weiteren beruflichen Lebensweg zu legen. Dennoch lässt die Wohlwollenspflicht eine Menge gestalterischen Spielraum offen. Die Wahrheitspflicht besagt, dass ein Arbeitszeugnis alle wesentlichen Tatsachen enthalten muss, die für eine Gesamtbeurteilung von Bedeutung sind. Der Arbeitgeber ist dazu angehalten, lediglich Tatsachen, an denen ein zukünftiger Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse hat, zu benennen. Reine Behauptungen und Vermutungen müssen hingegen unterlassen werden.

Zeugnis Analyse

Da im Arbeitszeugnis keine negativen Bemerkungen über den Arbeitnehmer vorkommen dürfen, entwickelte sich im Laufe der Zeit unter Arbeitgebern eine Art Geheimcode bei der Formulierung im Arbeitszeugnis. Bei diesen Zeugniscodes handelt es sich um standardisierte Formulierungen, die es ermöglichen, die tatsächliche Arbeitsleistung einzuschätzen.

Zeugnissprache entschlüsseln
Zeugnissprache: Die Geheimcodes im Arbeitszeugnis unter der Lupe. Foto: igor stevanovic / Bigstock

Aus dieser speziellen Zeugnissprache entnimmt der Arbeitgeber die eigentliche, übersetzte Aussage. So kann es durchaus passieren, dass sich in einem vermeintlich wohlwollenden Testat eine Bedeutung mit fatalen Folgen verbirgt. Bescheinigt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zum Beispiel ein gutes Einfühlungsvermögen in die Belange der Belegschaft, dann heißt das im Klartext, dass derjenige mehr flirtete als arbeitete. Wird im Arbeitszeugnis die betriebsfördernde Geselligkeit hervorgehoben, hat der Betroffene während der Arbeitszeit Alkohol getrunken. Und selbst der in der Grußformel vorgenommene Wunsch nach Gesundheit kann ein Geheimcode sein. Oft ist in diesem Gruß die Botschaft enthalten, dass der Betreffende häufig krank ist. Zeugniscodes dieser Art gibt es Unzählige.

Die Formulierungen und deren Bedeutung

Ein weiterer Code, der sich in der Zeugnissprache längst etabliert hat, sind die verschlüsselten Schulnoten. Dabei handelt es sich um Formulierungen, die sich an den Schulnoten orientieren, jedoch sehr viel positiver klingen.

Der nachfolgenden Übersicht lässt sich hinsichtlich der Bewertung der Arbeitsleistung entnehmen, was Formulierungen wirklich bedeuten:

  • Stets zu unserer vollsten Zufriedenheit – Note 1
  • Stets zu unserer vollen Zufriedenheit – Note 2
  • Stets zu unserer Zufriedenheit – Note 3
  • zu unserer Zufriedenheit – Note 4
  • im Großen und Ganzen zu… – Note 5
  • zu unserer Zufriedenheit zu erledigen versucht – Note 6

Ähnliche Schulnoten-Codes gibt es auch für die Bewertung des Arbeitserfolges oder der Bewertung von Führungsqualitäten.

Verbot der Doppeldeutigkeit

Für den Arbeitnehmer ist es nun wichtig zu wissen, dass die Verwendung so genannter Geheimcodes gemäß § 109 II GewO nicht zulässig ist. Ein Arbeitszeugnis darf vielmehr keinerlei Formulierungen oder Merkmale enthalten, die eine versteckte oder nicht aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage treffen. Somit dürfen in Arbeitszeugnissen keine doppeldeutigen Formulierungen auftauchen. Enthält das Zeugnis unrichtige oder fehlerhafte Beurteilungen, so hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine erneute, fehlerfreie Zeugniserteilung.

Der Gang vors Gericht

Im Zuge dessen entstehen über Formulierungen und Codes im Arbeitszeugnis häufig Rechtsstreitigkeiten, die bis vor die Arbeitsgerichte gehen. Auf der einen Seite steht dem Arbeitgeber das Recht zu, die ihm bevorzugte Formulierung zu wählen. Auf der anderen Seite muss die Formulierung auch allgemein verständlich und frei von Codes sein. Hier sollte versucht werden, mit Hilfe eines versierten Rechtsanwalts eine von beiden Seiten vertretbare Formulierung zu finden. Vor einer möglichen Klageeinreichung und einem lang andauernden Rechtsstreit sollten Sie die Formulierung juristisch prüfen lassen. Haben Sie Fragen zu Ihrem Arbeitszeugnis? Gerne prüfen wir für Sie die enthaltenen Formulierungen.